Freitag, 11. September 2015

"Ich spüre, wie ich vereise..."

     

Finstere Stunde

Ich spüre, wie ich vereise. 
Vom Alter, nicht vom Frost. 
Ich rede verlegen und leise. 
Mein Lachen ist brüchig von Rost. 
Ich kann nicht mehr in mir leben. 
Und aus mir kann ich nicht hinaus. 
Kein Sturm, kein Stern, kein Streben. 
Nur Finsternis, Stille das Haus.

 Eva Strittmatter 


Als ich nach meinem Urlaub mit meiner Patentante telefonierte, sagte sie mir, dass es aufgrund ihrer so anders klingenden Stimme, ihrer Mühe, zu sprechen, nicht nötig sei, ihr gute Besserung zu wünschen.   "Wünsch' mir lieber einen guten Abgang!" sagte sie.
Ich war sprachlos. 
Natürlich ist sie hoch in den Achtzigern, aber vor'm Urlaub war sie doch noch wie immer ?
Was sagt man in so einem Moment, wo ein Mensch spürt, dass er sich auf die Reise in die Ewigkeit macht? Gelähmt, wie man gerade ist ?
Ich konnte mich bedanken, für all das Gute, was sie mir in meinem Leben getan hat und ihr eine gute Reise wünschen und dass sie da gut aufgehoben sein möge ...
und ich konnte ihren letzten Worten an mich lauschen....

Vorgestern ist sie sanft eingeschlafen.

Komm gut an, Tante Irene. Möge jetzt alles so sein, wie du dir das immer vorgestellt hast.
Und grüß' meinen Bruder ...




4 Kommentare :

  1. traurig aber gut worte dazu zu finden
    lieber gruss !

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  2. Ja, es ist traurig, und doch ist es auch irgendwie beruhigend, wenn man so - wie vorbereitet - sterben darf... Und wie gut, dass du mit ihr noch sprechen konntest. Diesen Strittmatter-Text hatte ich auch in den Händen in den letzten Tagen. Alles Liebe dir! Ghislana

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  3. Liebe Sabine,
    jeder Abschied ist traurig.
    Was bleibt ist die Liebe und die Erinnerung.
    Judika

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  4. Irgendwie doch auch tröstlich, das man zuletzt sich noch etwas sagen konnte. Kommunikation im üblichen Sinne war mir mit Vater & Schwiegermutter, beide in den letzten 16 Wochen nicht mehr möglich. Aber jeder hat seinen eigenen Weg aus dieser Welt. Das Gedicht sagt mir sehr zu.
    Dir alles Liebe!
    Astrid

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